Ženi Lebl (1927 — 2009)

Ženi Lebl wurde 1927 in einer bürgerlichen Familie säkularisierter Juden in Aleksinac geboren. Ab 1932 bis zum Zweiten Weltkrieg lebte sie in Belgrad. Ihr Vater, ein Ingenieur in Bergbau, wurde zu Beginn des Zweiten Weltkriegs als Offizier der Armee des Königreichs Jugoslawien in die deutsche Gefangenschaft genommen. Ihre Mutter, Großmutter und viele anderen Familienmitglieder sind im Belgrader Lager Sajmište ums Leben gekommen. Ženi und ihrem Bruder Aleksandar ist es gelungen, der Verfolgung der Juden zu entkommen, indem sie aus Belgrad geflohen sind – Ženi hat sich im Dezember 1941 unter einem Decknamen in Niš bei Jelena Glavaški versteckt, die nach dem Krieg mit der Anerkennung “Gerechte unter den Völkern” ausgezeichnet wurde. Ihr Bruder Aleksandar Lebl wurde, nachdem er sich zunächst in Split versteckte, in einem Lager auf der Insel Rab interniert. Hier hat er sich 1943 nach der Niederlage Italiens den Partisanen angeschlossen.  

Ženi Lebl wurde unter ihrem Decknamen Jovanka Lazić Anfang 1943 verhaftet und zur Zwangsarbeit ins nationalsozialistische Deutschland deportiert. Die Befreiung hat sie im Frauengefängnis der Gestapo in Berlin erlebt. Nach ihrer Rückkehr nach Belgrad hat sie in ihrem Familienhaus neue Bewohner aufgefunden. Dank ihrer Beständigkeit, ihren Sprachkenntnissen (in Deutsch, Russisch und Französisch) und stahlhartem Willen hat sie das Gymnasium abgeschlossen, das Jurastudium aufgenommen und sich an die Journalistisch-diplomatische Hochschule eingeschrieben. Parallel dazu war sie als Mitarbeiterin der Tageszeitung “Politika” tätig. Nach der Kominform-Resolution im Sommer 1948 ist Lebl der “Verleumdung gegen das Volk und den Staat” im April 1949 beschuldigt worden, weil sie einen Witz über Tito als einem “weißen Veilchen von hundert Kilo” erzählt hat. Allerdings war, wie in einer Vielzahl solcher Fälle, die wahre Ursache ihrer Anschuldigung eine Unterstellung seitens ihrer Kollegen aus der Zeitungsredaktion, die ebenfalls den Posten als Auslandskorrespondent in Paris begehrt haben, für den Ženi Lebl vorgeschlagen wurde. 

Ženi Lebl wurde in Glavnjača vernommen und gefoltert. Nach dem Erhalt einer administrativen Strafe wurde sie in die “Frauenlager zur Umerziehung” interniert – in Ramski rit, Zabela, auf Sv. Grgur und Goli otok. Nach den Verzeichnissen der Staatssicherheitsbehörde UDBa war sie in den Lagern ab dem 28. April 1949 bis zum 30. August 1951. Nach ihrer Rückkehr nach Belgrad konnte sie keine Anstellung finden. Gleichzeitig suchte sie jahrelang die Genehmigung zur Ausreise nach Israel. 1954 verreiste sie endlich nach Israel wo sie ihren Kampf um eine neue Existenz fortgeführt hat. 

Einer Anregung des Danilo Kiš folgend, der mit Aleksandar Mandić den Dokumentarfilm “Goli život” (dt.: “Nacktes Leben”) (1989) über das Schicksal der Frauen auf Goli otok und Sv. Grgur drehte, hat Lebl das Buch “Ljubičica bela” (dt.: “Weißes Veilchen”) (1990) verfasst und veröffentlicht, welches das gleiche Thema behandelt.

„Auf deinem Rücken, heiliger Grgur, begann jene klassische Frage „Sein oder nicht sein?” Wenn du schlägst – wirst du sein. Wenn du nicht schlägst – wirst du geschlagen sein.” (Hierbei hat das Wortspiel “Biti ili ne biti?” die tragende Bedeutung: In der serbischen Sprache bedeutet dieser Satz einerseits, “Sein oder nicht sein?”, andererseits “Schlagen oder nicht schlagen?”)

“Wir haben einen Stacheldraht bekommen. Wir sollten uns selbst einzäunen, ich weiß nicht, wieso. Einen besseren Stacheldraht als das Meer gab es nicht.”

“Die schamvollen Seiten der Geschichte sollen geschrieben werden… für die Zukunft. Damit es sich nicht wiederholt.” 

* Der Text wurde der Webseite des künstlerischen Projektes namens “Ihr habt die Partei verraten, gerade als ihr ihr helfen solltet” entnommen. Wir bedanken uns bei der Projektleiterin Andreja Kulunčić und bei ihren Mitarbeiterinnen für die zur Verfügung gestellten Materialien.